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Den Krisenmodus beenden

Es dauert einige Zeit, bis wir sich ankündigende Krisen als solche wahrnehmen. Erinnern Sie sich an die Bilder, als im Jänner 2020 innerhalb einer Woche in China ein Krankenhaus aus dem Boden gestampft wurde und das scheinbar überhaupt nichts mit uns zu tun hatte? Nach einer Phase strikter Verweigerung folgt ein Erstarren und dann meist recht spät der Wechsel in den Notfallmodus. Alle verfügbaren Ressourcen werden mobilisiert und mehr oder weniger gezielt zum Einsatz gebracht. Neue Regeln werden aufgestellt, Führung zentralisiert und Zusammenhalt und Durchhaltevermögen proklamiert. Herausfordernd genug. Aber wann wird der Krisenmodus beendet, v.a. wenn die eine Krise noch nicht wirklich durchgestanden und die nächsten schon voll im Gange sind?

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Ob im Wirtschafts- oder Social-Profit-Bereich – oder auch bei Schüler*innen, Studierenden und deren Familien –, die große Erschöpfung greift um sich. Damit einher gehen wachsende Unzufriedenheit und Verärgerung und die Frage nach einer verträglichen Perspektive für die Beteiligten. Vielerorts ist der Krisenmodus („jetzt mit vereinten Kräften“) schleichend und unausgesprochen zum Standard geworden: hohe Arbeitsdichte mit weniger Personal, kurzfristiges Für-Einander-Einspringen, Maßnahmen umsetzen mit begrenzter vorangehender Expertise und Abstimmung unter den Beteiligten, ausgesetzte Prozesse der gemeinsamen Ausrichtung, auf Einweg-Kommunikation angelegte Online-Meetings ohne Videos, Teams im Schichtbetrieb, kaum mehr Zeit und Gelegenheit für informellen Austausch, reduzierte Feierkultur …

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Zwei Jahre und mehr sind zu lange für einen akuten Notfalleinsatz. Jetzt immer noch nicht wahrzunehmen, was Mitarbeitende brauchen, hieße eine ganz andere Krise in Kauf zu nehmen. Umso mehr tritt in den Vordergrund nachzufragen und achtsam – nicht nur sachorientiert – zuzuhören, wie es den Beteiligten geht und was sie brauchen, gezielt Zwischenstopp und Auftanken zu ermöglichen, echte Wertschätzung und Dank auszusprechen, miteinander Arbeitsformen zu entwickeln, die unter veränderten Bedingungen längerfristig leb- und leistbar sind …

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Die Frage lautet nicht, ob eine Krise wirklich beendet ist, sondern was hat sich tiefgreifend und unwiederbringlich verändert? Sind diese Krisen nicht mehr nur ein vorübergehendes Symptom, sondern etwas, das konsequent einzubeziehen ist? Wie wollen und müssen wir uns aufstellen, um mit diesen Veränderungen zurecht zu kommen? Auch die EU-Publikation von A. Rancati und D. Snowden „Managing complexity (and chaos) in times of crisis“ kann dafür ausgesprochen lohnend sein. Jetzt, und nicht erst, wenn die nächste Krise ihren Gipfel erreicht!  

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https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/712438d0-8c55-11eb-b85c-01aa75ed71a1/language-en

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